Home / Können Sie mit Risiko umgehen ?

Können Sie mit Risiko umgehen ?

Mittlerweile sollte es bei allen Anlegern angekommen sein, dass Renditen von mehr als 1% p.a. für den Vermögensaufbau  nur bei entsprechendem Anlage-Risiko zu erzielen ist. Aber was heißt das genau ?
Viele Anleger verstehen unter Risiko die Gefahr, ihr gesamtes Vermögen zu verlieren. Diese Gefahr ist bei dem Kauf von einzelnen Aktien oder Anleihen durchaus gegeben. Hier haben Sie die Abhängigkeit von einem Unternehmen und somit ein „Klumpenrisiko“. Bei einem breit gestreuten (diversifizierten) Portfolio aus Aktien, Anleihen und Immobilien ist dies eher unwahrscheinlich. Übertragen auf ein Portfolio, das nur den DAX abbildet, müssten alle Unternehmen Pleite gehen. Stattdessen haben trotz Wirtschaftskrisen die Werte des DAX seit 1948 im Schnitt über 7 % jährlich an Wert gewonnen – allerdings bei einem entsprechend langfristigen Anlagehorizont.

Allerdings ist die Wahrnehmung von Risiko sehr stark durch persönliche Fehlinvestitionen getrübt. Beispiel Telekom-Aktien, Neuer Markt und die Technologie Blase. Wer unsystematisch zu Höchstkursen nur auf Aktien gesetzt hat, bekommt die Ernüchterung in der nächsten Abschwung-Phase schnell zu spüren. Oft höre ich von Anlegern, die in dieser Phase investiert hatten: „Nie wieder Aktien“. Diese Erlebnisse haben aber nichts mit einer systematischen, regelbasierten Anlagestrategie in einem breit aufgestellen Investment-Portfolio zu tun.

Risiko sollte trotzdem immer aus mehreren Blickwinkeln bewertet werden:

Risikobereitschaft:

  • Bringe ich die Bereitschaft mit, einen Teil meines Kapitals mit entsprechendem Anlagehorizont in risikobehaftete Anlagen zu investieren ?
  • Wieviel Wertverlust halte ich nervlich-emotional aus ?
  • Kann ich auch einen Totalverlust einzelner Anlagen verkraften ?

Risikotragfähigkeit / Risikotoleranz

  • Wie hoch darf mein Risiko sein, um meine Anlageziele noch zu erreichen ?
  • Kann ich mir ein höheres Anlagerisiko zugunsten einer höheren Rendite leisten, um meine Ziele zu erreichen ?
  • Bin ich auf das auf das investierte Kapital angewiesen, um meinen Verpflichtungen nachzukommen ? Desto geringer ist meine Risikotragfähigkeit. Die Risikotragfähigkeit ist die Fähigkeit eines Anlegers, Wertschwankungen und Verluste seiner Geldanlagen zu verkraften, ohne in finanzielle Engpässe zu geraten.

Notwendigkeit des Risikos

  • Um Anlageziele (Altervorsorge) zu verfolgen, kann es notwendig sein, eine bestimmte Investmentrendite zu erzielen. Eine höhere Rendite ist aber nur mit höherem Risiko zu erreichen.
  • Gleichzeitig ist es bei sehr großen Vermögen nicht zwingend, hohe Risiken einzugehen.

Aus diesen drei Kategorien ergibt dies das Risikoprofil eines Anlegers. Der konservativste Wert sollte hier bestimmend sein.

Beispiele:

  • Die Anlage eines hohen Betrages, um in zwei Jahren eine Immobilie zu kaufen. Auch wenn die Risikobereitschaft hoch ist – die Risikotragfähigkeit ist gering. Denn es wäre fahrlässig, das Immobilienprojekt zu gefährden, wenn zu einem großen Teil in Aktien investiert würde.
  • Die Altersvorsorge einer 30-jährigen Frau wird aufgrund schlechter Erfahrung mit fondsgebundenen Rentenversicherungen nur mit Tages- und Festgeld ausgeführt. Die Risikobereitschaft ist also gering – die Risikotragfähigkeit ist aufgrund des langen Anlagehorizonts wesentlich höher und sollte auch genutzt werden.

Die Aufgabe Ihres Beraters ist es nun, diese Analyse durchzuführen und Ihnen geeignete Anlagen zu empfehlen. Oft werden Sie von Ihrem „Bankberater“ oder Finanzberater in eine interne Risikoklasse eingestuft z.B.

  1. Konservativ = nur sichere Anlagen
  2. Ausgewogen = ganz ohne Verluste geht es nicht
  3. Chancenreich = Bereitschaft, Verluste zu tragen
  4. Spekulativ = hohe Bereitschaft, auch sehr hohe Verluste zu tragen.

Vorsicht: Oft werden Sie in eine höhere Riskoklasse „hineinmanövriert“. Denn bei zu geringer Risikoklasse kann Ihnen die Bank nichts mehr verkaufen. Oder die Fonds sind so teuer, dass der Ertrag komplett von den Kosten aufgezehrt wird. Übrig bleiben dann Tages- und Festgeld. Nur noch über Direktbanken online oder telefonisch zu bekommen. Dies spricht im übrigen auch für die Honorarberatung, denn hier wird unabhängig von der Risikoklasse beraten ohne verkaufen zu müssen.

Die Anlagen (Investmentfonds) wiederum werden in sieben Risikoklassen (1-7) eingruppiert. Klasse 1 stellt ein geringes Risiko mit typischerweise geringen Renditen dar – Klasse 7 hohe Risiken mit entsprechend höherem Renditepotenzial dar. Diese auch als Risiko/Ertragsprofil bezeichnete Klassifizierung ist eine mathematische Kennziffer. Zu jedem Investmentfonds gibt es die „wesentlichen Anlegerinformationen“ die sogenannte WAI oder KIIDs – in denen die Risikoklasse des Fonds angegeben ist. Die Kennzahl wird auf Basis der Volatilität (also der Schwankungsbandbreite) der letzten fünf Jahre berechnet. Wenn die wöchentliche Kalkulation des Risiko/Ertragsprofil über einen Zeitraum von vier Monaten eine andere Risikoklasse ergibt, dann muss ein neues WAI erstellt werden.

In den WAI sind, vergleichbar mit einem Medikament, die Risiken und Nebenwirkungen festgehalten. Aber auch hier gilt: „Die Dosis macht das Gift“. In einem Investmentportfolio ist eine dosierte Streuung der Anlageklassen und Risikoprofile oft der beste Schutz gegen starke Wertschwankungen. In den Risikoklassen 1-2 gibt es allerdings kaum noch Anlagen. Anleihen-Fonds liegen typischerweise bei 3-4. Aktien-Fonds bei 5-7.

Offene Immobilienfonds müssen keine Risikoklasse veröffentlichen. Im WAI wird hier kein Risiko/Ertragsprofil berechnet, sondern das Risiko wird lediglich verbal umschrieben. Allerdings veröffentlicht der BVI das Risiko/Ertragsprofil für offene Immobilienfonds auf deren Website. Hier ist das Risiko/Ertragsprofil oft sehr gering – durch geringe Wertschwankungen in der Vergangenheit. Bei Fonds die aufgelöst werden mussten, kippte das Risikoprofil dann aber sehr schnell.

Vorsicht: Die alleinige Betrachtung der Risikoklassen hilft nicht. Läuft eine Anlageform eine längere Zeit ohne große Schwankungen – sinkt die Volatilität und damit die Risikoklasse. Als Beispiel sind hier Renten-Fonds (Anleihen) zu nennen, die aufgrund des kontinuierlich gefallen Zinsniveaus der letzten Jahre erhebliche Kursgewinne verbuchen konnte. Die Zinssenkungsphantasie dürfte nun zu Ende sein. Somit ist zu erwarten, dass Schwankungen wieder zunehmen, die Risikoklasse steigt und nun nicht mehr in das Anlegerprofil passt…

Nach dieser Berechnungsweise kann es für den Anleger, wenn er zu einem späteren Zeitpunkt vom gleichen Fonds Anteile nachkaufen möchte, zu einer Überraschung kommen. Er wird bei Durchsicht der aktuellen WAI feststellen, dass der Fonds jetzt in eine höhere Risikoklasse eingestuft ist – beispielsweise von Risikoklasse 3 auf 5.

Da die Berechnung der durchschnittlichen Volatilität rollierend über die jeweils letzten fünf Jahre erfolgt, also allein auf historischen Schwankungen des Anteilspreises basiert, kann schon auf Grund einer geänderten Marktsituation mit höheren Kursschwankungen, eine höhere Risikoklassifizierung eintreten.

Top